Gerda Enk und Thomas Reuter_Vogelfrei




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Turmhoch über der Kreuzung Ausschau halten nach einer friedlichen Welt:
1999 eine Kunstinstallation im Spitäle von Gerda Enk und Thomas Reuter im Schatten des Kosovokrieges.
Wie klingt dieser Satz für uns heute? Während des Ukrainekrieges.
Wie weit sind wir immer noch und gerade jetzt entfernt von diesem erträumten Ou-Topos, diesem Ort in der Ferne, diesem vielleicht nie zu erreichenden utopischen Ort? 

Auf der fürwahr närrischen Suche nach diesem Ort hat sich der Narr eingeschlichen.

Was ist ein Narr? Wer ist ein Narr?

Ist er Mensch? Symbolfigur? Außenseiter? Ist er ein vagabundierender Grenzüberschreiter? Ist er Weiser oder Tölpel? Vielleicht sogar Hoffnungsträger? Narren haben ein ganzes Universum an Möglichkeiten in sich, ohne der Illusion zu verfallen, dass es nur eine einzige Wirklichkeit und eine einzige Wahrheit gäbe, nämlich die eigene. Damit sind sie menschlicher als wir Menschen, die wir dieselbe Gegensätzlichkeit in uns tragen, sie aber mangels Distanz zu uns gar nicht wahrnehmen können oder auch gar nicht wahrnehmen wollen und den Anderen nicht zugestehen. 

Unsere Narren  schauen von weit oben, mit Distanz auf eine Welt, die im Argen liegt und drängen so zum Nachdenken. Gnadenlos nehmen sie  die Wunden der Erde in den Blick. Sie zwingen uns zur Auseinandersetzung mit dem Schlimmen, dem Schrecklichen, dem Grausamen. Aber in ihrer fast schon göttlich anmutenden Ganzheit lebt in ihnen auch die andere Seite:  die Schönheit, Menschlichkeit, Würde. Sie lassen uns daher nicht ohne Hoffnung zurück. Sie öffnen uns für Humor, Witz und Ironie, für Farben und Schönheit. Sie bringen uns zum Schauen, Staunen und Lachen und lehren uns die Fähigkeit, über uns selbst lachen zu können.
Aber darf man überhaupt lachen und genießen, wenn gleichzeitig Kriege eine unerträgliche Zerstörung anrichten?
Darf man sich unters fahrende Volk der Touristen mischen, wenn zeitgleich Menschen vor Naturkatastrophen und Kriegen auf der Flucht sind? 
Darf man im Mittelmeer genüsslich baden, wenn dort Flüchtlinge ertrinken? 

V O G E L F R E I

Dieses eine Wort beinhaltet die ganze Tragik dieser kaum zu ertragenden Parallelwelten. Darf man mit Lust frei wie ein Vogel sein, während andere Vogelfreie schutzlos der Acht, im Sinne einer Ächtung bis hin zur Verfolgung ausgeliefert sind?

Ich schaue auf unsere Narren, die keine einfachen Lösungen bieten, aber dennoch einen Hauch von Orientierung ermöglichen: selbst die buntesten haben dunkle Stellen und die chaotischsten haben  eine ureigene Ordnung und noch die düstersten, schwarzen mit dem Datum vom  24. Februar 2022, dem russischen Einmarsch in die Ukraine, schaukeln mit Leichtigkeit im Wind und lassen an Hoffnung denken. Denken im Blochschen Sinne als 'Überschreiten' und Überschreiten als 'Hoffnung im Argen'. 

„Fliegt ihr Narren“  so überschrieb der Journalist Johannes Gurguta seinen Artikel über unsere jüngste Narreninstallation mit dem Titel  V O G E L F R E I in Altdorf bei Nürnberg

Wir wollen  mitfliegen und daran arbeiten, dass irgendwann 'vogelfrei' für alle nur noch die eine Bedeutung hat: frei sein wie ein Vogel.














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